Der Leseratz

Lesen oder fressen - das ist hier die Frage!

REZENSION • JUGEND, THRILLER

Sif Sigmarsdóttir - Das dunkle Flüstern der Schneeflocken

6. März 2021

Wenn ich es nicht von Anfang besser gewusst hätte, hätte ich bei diesem Titel vermutlich eher auf eine Art "Dark Fantasy"-Roman getippt und nicht das, was der Verlag vollmundig als Mischung aus Young Adult und Nordic Noir-Thriller verkauft. Wobei ich mich selbst jetzt nach dem Lesen des Buches frage, was "Nordic Noir" eigentlich sein soll, aber das ist eine andere Geschichte.

Der Klappentext

Hannah Eiríksdottir freut sich überhaupt nicht, in den kalten Norden zu ziehen. Doch das Praktikum bei der Tageszeitung entpuppt sich als spannende Gelegenheit, die erfolgreiche Influencerin Imogen Collins kennenzulernen – und schnell ist Hannah sehr beeindruckt von ihr.

Als kurze Zeit später eine Leiche in einem Lavafeld gefunden wird, sprechen alle Indizien gegen Imogen und sie wird verhaftet. Ist Imogen Collins wirklich eine Mörderin und ihr perfekter Instagram-Feed nur eine gut getarnte Fassade? Hannah beginnt, eigenmächtig zu ermitteln und gerät dabei an den Rand der Legalität …

Meine Meinung

Ich weiß nicht mehr, bei wem ich das erste Mal Buch bzw. Cover das erste Mal gesehen habe, aber das Instagram-Motiv machte ich mich sofort neugierig. Klassischer Fall von Beuteschema: Bücher um und mit den sozialen Medien finde ich immer spannend. Der Klappentext versprach außerdem ein Rätsel in einem Setting, das mich neugierig machte.

Die ersten Seiten ließen sich sehr flüssig lesen und ich war gespannt, wo die Geschichte hinführen würde. Gewisse Andeutungen ließen gleich von Anfang an daraufschließen, dass Imogen etwas Schlimmes passiert sein musste ...

"Da ist es wieder. Das Monster. Andauernd schleicht es sich an und drängt sich ungefragt, gegen ihren Willen in ihre Gedanken."
Imogen über das Monster, Seite 20

Auf der anderen Seite lernt man Hannah kennen, die alles andere als begeistert ist, ihr gewohntes Umfeld aufgeben und nach Island zu ihrem Vater und seiner neuen Familie ziehen zu müssen.

Hannahs unkonventionelle Art mochte ich sofort, wohingegen ich etwas mehr Zeit brauchte, um mit Imogen warm zu werden. Die Autorin schafft allerdings das Kunststück, sie als einen Menschen darzustellen, der trotz seines Erfolgs als Instagram-Influencer sich einen klaren Blick auf die schöne (Schein)Welt dieses Mediums erhalten hat und der trotz aller Probleme nur das Richtige tun möchte.

"[...] der Inluencer-Job kann keine echte Karriere ersetzen, zumindest nicht auf Lebenszeit. Es ist wie beim Fußball: Nach ein paar guten Jahren ist man fertig und raus."
Imogen über Instagram, Seite 25

Ab der Mitte des Buchs erwischte mich allerdings eine ausgemachte Leseflaute, die sich relativ lang dahinzog ... Erst später merkte ich, dass das zum Teil der Entwicklung der Handlung geschuldet war, dass mich das Buch auf einmal nicht mehr ganz so wie am Anfang packen konnte. Denn irgendwie verlor sich die Geschichte in jeder Menge Dialoge, deren Sinn sich mir nicht immer erschloss.

Das Ende erlebte ich schlussendlich mit sehr gemischten Gefühlen. Vermutlich deswegen, weil ich mir etwas anderes erwartet hatte. Aber als so richtig zufriedenstellend empfand ich es leider nicht, auch wenn es durchaus Raum für eine Fortsetzung lassen würde, besonders von Hannahs Seite her.

Was dem Buch außerdem nicht schaden könnte, wäre eine Triggerwarnung, da die Autorin bei einer Szene recht deutlich das beschreibt, was Imogen zugestoßen ist. Ein typischer Fall dessen, dass es schwer ist, mehr dazu zu sagen, ohne zu spoilern. Aber wenn man bereits zu Beginn aufmerksam zwischen den Zeilen liest, dürfte es sich von selbst erschließen, was einen in diesem Kontext erwartet.

Mein Fazit

"Das dunkle Flüstern der Schneeflocken" ist ein solider Jugend-Thriller, der mit einigen sehr interessanten Themen aufwarten kann, der für meinen Geschmack aber auch mit einigen Schwächen daherkommt.

  • ★★★☆☆
  • Broschiert
  • 432 Seiten
  • Loewe
  • 978-3743207219