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Club LiterAUTur | Klischees
20. August 2023
Servus und willkommen, ihr Lieben, zum mittlerweile dritten Clubtreffen in diesem Jahr und zum zweiten Treffen, das bei mir stattfinden darf!
Gut vier Wochen nach meiner Rückkehr in den aktiven Blogger-Dienst freut es mich umso mehr, dass ich heute wieder mit Gabi, Lisa und Nicole im Stüberl auf unserer Lesecouch Platz nehmen darf. Also, nehmt euch bei den sommerlichen Temperaturen was Erfrischendes zum Trinken und macht es euch mit uns gemütlich!
Wie schon im Titel erkennbar, geht es heute um
Klischees
Nachdem es ja jeder von uns freisteht, wie sie das Thema interpretiert, haben wir auch heute wieder eine recht bunte Mischung für euch. Und auch wenn dieses Thema meine Idee war, muss ich zugeben, dass ich es schon als recht knifflig empfunden habe :D.
Aber jetzt übergebe ich das Wort erst einmal an Nicole, die uns eines der Bücher von Andreas Gruber mitgebracht hat, nämlich "Der Judasschrein".
Das mit den Klischees ist so eine Sache, denn wenn man ehrlich zu sich selbst ist, steckt manchmal doch ein Fünkchen Wahrheit darin. Welche Stereotypen und Klischees abseits der Landesgrenzen über uns Österreicher:innen im Umlauf sind, wage ich nur zu vermuten. Aber ein Klischee gibt es, welches vielleicht nur in Österreich selbst vertreten ist und in dem gewiss ein wahrer Kern vergraben ist: Ortsgemeinschaften!
Wer sich als Fremder in ein kleines Örtchen traut, hat es manchmal mit allerhand Widerstand zutun, der vielleicht nicht offensichtlich, aber durchaus spürbar ist. Und wenn ich darüber nachdenke, hat man es wahrscheinlich als Neuankömmling nicht einmal in der Großstadt leicht. Denn so manchem Deutschen wurde auf die Frage nach einer Tüte erwidert, dass er oder sie gern ein "Sackerl" haben kann :D.
Also, wir Österreicher und Österreicherinnen haben einen merkwürdigen Gemeinschaftssinn, der darin besteht, andere erstmal spüren zu lassen, dass sie (noch) nicht dazu gehören. Ist die Anfangsphase erstmal überwunden, können wir aber ganz geschmeidig sein ;). Ein Buch, in dem dieses (merkwürdige) Verhalten äußerst realistisch und gelungen zur Geltung kommt, habe ich in meiner geliebten Horror-Ecke gefunden. Es handelt sich um "Der Judas-Schrein" von Andreas Gruber.
Zum Buch: Im kleinen Ort Grein am Gebirge wird ein junges Mädchen tot aufgefunden. Die Leiche ist grausamst zugerichtet, und die Ermittlungen für Kommissar Körner und sein Team gestalten sich schwieriger als geahnt.
Es beginnt wie ein normaler Krimi. Eine Leiche wird gefunden, die Kripo gerufen und Ermittlungen aufgenommen. Es liegt an Körner und seinem Team, den Mord aufzuklären. Jedoch wehrt sich die hiesige Bevölkerung gegen Einmischung von außen und die Menschen sehen sich vom bevorstehenden Hochwasser bedroht.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Greins Dorfgemeinschaft und wie sie sich gegen Eingriffe von außerhalb stellt. Meiner Meinung nach hat Andreas Gruber den ländlichen Zusammenhalt, die Sturheit und die rohe Skepsis der hiesigen Bevölkerung perfekt in Szene gesetzt. Es wirkt wie aus dem Leben gegriffen, wenn jeder Fremde zweifelnd beäugt und als Eindringling betrachtet wird.
"Der Judas-Schrein" ist allein durch Lokalkolorit und düsteres Ambiente exzellent erzählt. Eine nass-triste Stimmung schwappt auf den Leser über, man fühlt die Feuchtigkeit in der Kleidung, wischt sich Tropfen aus dem Gesicht, und wickelt sich in eine Decke, damit man das Zittern unter Kontrolle hält.
Wer also nach Horror made in Austria sucht, hat damit definitiv die perfekte Lektüre zur Hand. Ich habe es geliebt, obwohl darin das österreichische Gemüt klar dem grantelnden (schlecht gelaunten) Klischee entspricht. ;)
Es liegt zwar schon eine Weile zurück, dass ich dieses Buch gelesen habe, aber ich gebe dir, liebe Nicole, völlig recht, dass Andreas es hier glänzend verstanden hat, dem Österreicher "aufs Maul zu schauen" :).
Für die Neuausgabe beim Luzifer Verlag hat Andreas das Buch ja außerdem noch einmal überarbeitet. wer es also nicht kennt und sich mal so richtig à la H. P. Lovecraft gruseln will, dem kann ich die Geschichte durchaus ans Herz legen!
Lisa schießt dagegen dieses Mal definitiv den Vogel ab, was den ungewöhnlichsten Buchtitel angeht. Schätze, der Humor kommt hier sicher nicht zu kurz :D.
Klischee, Klischee, Klischee. Da kann ich euch nur zustimmen. Auch für mich war dieses Thema eine Herausforderung. Aber Herausforderungen sind zum Meistern da und ich glaub, ich habe schlussendlich doch noch ein Buch gefunden, welches zumindest in diese Richtung geht.
"Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam" ist nicht nur ein Buch einer österreichischen Autorin, sondern auch der Debütroman von Vea Kaiser.
Im Fokus dieser Geschichte liegt die Familie Gerlitzen, im Lauf der Geschichte mit insgesamt 3 Generationen, beginnend mit Johannes und Elisabeth Gerlitzen. Die Familie wohnt in einem kleinen Dorf weit abgelegen von einer städtischen Umgebung.
Als Elisabeth schwanger wurde, entdeckte man bei Johannes einen Wurm. Voll fasziniert von dieser Krankheit wälzte dieser tagelang Bücher über dieses Thema, um dann zu beschließen, dass er in die große weite Welt hinauswolle, um Arzt zu werden. Dieses Vorhaben setzt Johannes dann in die Tat um und kommt erst Jahre später verändert nach Hause.
Und jetzt könnt ihr euch vorstellen, was passiert, wenn jetzt ein langjähriger Städtler wieder nach Hause ins Dorf kommt.
Ich hab mich final für dieses Buch entschieden, weil die Geschichte zwar im fiktiven Örtchen St. Peter am Anger spielt, aber vom ganzen Aufbau her (Charakterzüge der einzelnen Bewohner, teilweise örtliche Beschreibungen, Bräuche und ein wenig auch die Familiengeschichten) in jedem kleinen Dorf in Österreich (zumindest beziehe ich mich mal auf uns) seinen Ursprung haben kann.
So gibt es beispielsweise in jedem Dorf einen, der aus der Reihe tanzt und den Status quo aufbricht und den Fortschritt herbeiführt. Eine Runde älterer Damen, die genau dieses verhindern wollen. Oder aber einen Träumer, der anderweitig Großes erreichen will.
Begleitet wird die humorvolle Erzählung eines Dorfes mit der Art und Weise der Kommunikation von früher. Im Dialekt. Und schon könnt ihr euch vorstellen, was los war, als Johannes in der Stadt den Dialekt abgelegt hat und plötzlich nur mehr nach der Schrift geredet hat.
In Summe hab ich mich wirklich gut unterhalten und kann das Buch euch nur empfehlen. Und für ein Debüt schon sehr beachtlich.
Wenn mich nicht alles täuscht, hab ich ein anderes Buch von dieser Autorin in einer unserer österreichischen Literatur-Sendungen schon mal gesehen.
Ich muss aber gestehen, dass ich von ihr noch nichts gelesen habe - und Dialekt lesen ist ja sowieso auch immer so eine Gewöhnungssache. Wobei mich das auf ein paar Ideen für zukünftige Empfehlungen bringt... Aber gut, lassen wir das jetzt :).
Nun wollen wir mal schauen, was Gabi heute im Gepäck für uns hat.
Klischees sind eine spannende Sache. Sie wecken gewisse Erwartungen, oft nicht gerade schmeichelhafte, und die meisten, die damit bedacht werden, weisen sie natürlich entrüstet zurück. Und doch ist da ein wahrer Kern zu finden, der entlarvt.
Klischees über Österreich finden sich in geballter Form in dem Buch, das ich zum Thema dieses Quartals vorstellen möchte. Angestachelt vom tatsächlich existierenden "Refugee-Guide" des österreichischen Innenministeriums, hat das Wiener Satireprojekt Hydra mit "How to be Österreich" einen Werteguide verfasst, der großen Spaß macht.
Er spielt mit Worten und den vorgestellten Werten, macht sich darüber lustig und doch muss man immer wieder nicken, denn die Klischees sind natürlich nicht aus der Luft gegriffen. So manchem, was "typisch Österreich" ist oder was man dafür hält, begegnen wir in dieser alphabetischen Auflistung.
Mir hat die liebevoll-ironische Art gefallen, wie die einzelnen Aspekte auf den Punkt gebracht werden, selbstverständlich überzeichnet, mit Humor, einem Augenzwinkern und dem vorgehaltenen Spiegel.
Meine vollständige Rezension gibt's hier:
https://laberladen.com/how-to-be-osterreich-von-hydra/
Ich glaube, ich wüsste jemanden, dem ich dieses Buch schenken könnte, wenn er irgendwann etwas besser Deutsch kann (oder gibt's davon auch eine englische Ausgabe?). Auf jeden Fall eine tolle Wahl zu dem Thema, ich find's klasse!
Kommen wir nun zum Schluss zu meinem eigenen Buch, für das ich mich am Ende recht spontan entschieden habe, weil ich anfangs eigentlich etwas anderes im Auge hatte. Aber alleine schon der Titel hat so ein bisschen nach Klischee geschrien, dass ich es mir dann geholt und für euch gelesen habe :).
Ich habe dieses Mal länger überlegt, wie ich es angehen soll. Klischees gehen ja auch Hand in Hand mit den Dingen, die so typisch österreichisch sind wie unsere Dialekte, unsere Trachten, unser Essen und natürlich die Orte, die Touristen am liebsten besuchen.
Am Ende habe ich "Leichenschmaus mit Kaiserschmarrn" von Ulrike Moshammer ausgesucht, das man mit gutem Gewissen dem "Cosy Crime"-Genre zuordnen könnte - wenn es nicht einem der urösterreichischsten Urlaubsorte überhaupt, nämlich in Bad Gastein, spielen würde. Besonders in der Kaiserzeit war Bad Gastein sehr beliebt, dementsprechend hat der Kurort ein ganz besonders Flair, das auch heute noch für die Urlauber in der Region gepflegt wird.
Aber zurück zum Buch: Hauptfigur ist Valerie Thaller, die zusammen mit ihrem Mann Viktor das "Grand Hotel" in Bad Gastein besitzt und leitet. Als sie eines Morgens Lieselotte Hehenberg tot auffindet, die ein Zimmer in ihrem Hotel bewohnt hat, setzt dies einen ganzen Schwung an Ereignissen in Gang. Unter anderem auch, dass sie zusammen mit ihrer Freundin Nora auf eigene Faust zu ermitteln beginnt, um den Ruf ihres Hotels zu retten.
Ihr könnt euch also vermutlich schon denken, was man hier bekommt: Einen locker-luftig-leichten Sommerkrimi, der alle Zutaten mitbringt, um eine gute Urlaubslektüre zu sein. Und apropos Zutaten: Am Ende des Buches gibt es einige Rezepte - unter anderem den titelgebenden Kaiserschmarrn, den man mit Fug und Recht neben dem Wienerschnitzel als ein sehr traditionelles österreichisches Gericht bezeichnen kann.
In diesem Zusammenhang musste ich auch einige Male sehr schmunzeln, denn man findet in dem Buch immer wieder typisch österreichische Ausdrücke, mit denen man ja fast alleine ein ganzes Wörterbuch füllen kann. Beispielsweise ist hier von Eierschwammerln, Ribiseln und vom Gustieren die Rede - Wörter, die von deutschen Verlagen häufig gestrichen werden, hier aber wohl wegen des besonderen Regio-Charmes drin geblieben sind.
Mir hat das Buch jedenfalls Spaß gemacht, viele im Buch beschriebene Fleckchen habe ich wiedererkannt und konnte sie mir entsprechend vorstellen, auch wenn mein letzter Besuch in Bad Gastein mittlerweile auch schon wieder ein paar Jährchen zurückliegt :D.
Tja, und wie alle guten Dinge muss auch dieses Treffen nun leider wieder ein Ende finden. Ich hab's auf jeden Fall sehr genossen, ich hoffe, ihr auch!
Das nächste Treffen findet dann im November bei Gabi statt, wo ihr euch auf "christkindliche" Buchvorstellungen für Weihnachten freuen dürft :).
In diesem Sinne: Bleibt's gsund, bis die Tage und wir lesen uns!