REZENSION • THRILLER
Andreas Gruber - Die Knochennadel
29. September 2020
Ich weiß gar nicht, wie oft mir zu Ohren gekommen ist, dass es zu den beiden bisherigen Peter Hogart-Büchern - "Die schwarze Dame" und "Die Engelsmühle" - keine Fortsetzung geben würde. Tja, mit "Die Knochennadel" wurden wir nun eines Besseren belehrt. Zeitlich spielt "Die Knochennadel" übrigens nur ein paar Monate nach "Die Engelsmühle", daher ist das sicher spannend, wenn die Gelegenheit besteht, beide Bücher kurz hintereinander zu lesen.
Trotzdem kann man "Die Knochennadel" meiner Meinung nach auch lesen, wenn man die beiden früheren Bücher nicht kennt, die Anzahl an Anspielungen ist recht klein - und ich habe mich auch rasch zurechtgefunden, obwohl es schon etwas zurückliegt, dass ich die ersten Bücher in der Festa-Ausgabe aus der Bücherei ausgeborgt habe.
Der Klappentext
Eigentlich wollte der Wiener Privatdetektiv Peter Hogart nur einen Kurzurlaub in Paris verbringen. Doch dann verschwinden bei einer exklusiven Auktion in der Opéra Garnier plötzlich seine Freundin, die Kunsthistorikerin Elisabeth, sowie eine mittelalterliche Knochennadel – ein nahezu unbezahlbarer Kunstgegenstand. Wenig später werden zwei Antiquitätenhändler grausam ermordet, und für Hogart beginnt eine fieberhafte Jagd. Denn diese Morde sind nur der Anfang, und Hogart bleibt wenig Zeit, Elisabeths Leben zu retten und das Rätsel um die geheimnisvolle Knochennadel zu lösen …
Meine Meinung
"Die Knochennadel" ist ein typischer Gruber. Ich schätze, das kann ich mit gutem Gewissen schreiben, wo ich mittlerweile die meisten Bücher des Autors gelesen habe ... Wer also schon Bücher von ihm kennt, weiß, was er bekommt: Hohes Tempo, hohen (Lese)Puls und hohe Sogwirkung. Was auch bedeutet, dass es mir auch dieses Mal wieder sehr schwer gefallen ist, das Buch für andere Dinge zur Seite zu legen.
Das macht sich schon nach den ersten Seiten bemerkbar, wo Hogart seine Freundin Elisabeth zu den Vorbereitungen auf die Auktion in die Pariser Oper begleitet und sich dazu Gedanken macht, warum die Sicherheitsvorkehrungen in der Oper so lasch sind ...
"Machen sich Detektiv Auguste Dupin und seine Assistentin etwa Sorgen?"
Kurz darauf geht alles schief, was nur schiefgehen kann: Elisabeth verschwindet spurlos und Hogart kann gar nicht anders, als sich auf die Suche nach ihr zu machen. Unterstützt von Tatjana, findet er relativ rasch heraus, dass es hier jemand offensichtlich auf die übrigen Mietbietenden bei der Auktion abgesehen hat und dass demjenigen Menschenleben dabei ziemlich egal sind ...
Als Tatjana von Unbekannten entführt wird, tut sich Hogart mit Chloé zusammen, der Tochter eines ermordeten Mietbieters, um schnellstmöglich herauszufinden, was Sache ist, und um die beiden Personen zu retten, die ihm am meisten am Herzen liegen.
Ich gebe zu, am meisten Spaß hatte ich dieses Mal mit Hogarts Nichte Tatjana. Sie ist ja schon in den früheren Büchern in Erscheinung getreten, ihr Dickschädel und ihr Ehrgeiz machten sie für mich gleich zu Beginn zur mit Abstand sympathischsten Nebenfigur. Danach trittt sie zwangsläufig in den Hintergrund, aber ich weiß jetzt schon, dass ich gerne wieder von ihr lesen möchte, sollte es weitere Hogart-Bücher geben.
"Okay, dann sage ich es klipp und klar: Ich bin neunzehn. Du kannst mich nirgendwo hinschicken."
Neben Tatjana tauchen aber auch noch andere Figuren auf, die aus den früheren Büchern bekannt sind und die in dieser Geschichte einen größeren Anteil an der Handlung bekommen. Daraus ergibt sich auch die eine oder andere Szene, die mir sehr viel Spaß bereitet hat, auf die ich aber aus Spoiler-Gründen nicht weiter eingehen möchte.
Mit den Antagonisten bin ich ehrlich gestanden nicht so ganz warm geworden, muss ich sagen. Sie waren mir persönlich ein wenig zu ... na, sagen wir mal "übertrieben" geschildert. Das ist aber nur mein persönlicher Geschmack, und ich nehme an, dass das nicht jedem so gehen wird.
Auch die Verfolgungsjagd, die einen hohen Anteil in dem Buch hat, habe ich persönlich mit ein klein wenig gemischten Gefühlen verfolgt. Da sucht der Täter in exakt derselben Reihenfolge wie Hogart die Personen auf, die Interesse an der Knochennadel gezeigt haben - und Hogart kommt jedes Mal nur ein paar Minuten zu spät? Der Autor geht zwar recht geschickt darauf ein, indem er Hogart das selbst merkwürdig finden lässt, jedoch war das für meinen Geschmack trotzdem ein wenig zu dick aufgetragen, als dass ich es noch plausibel finden konnte.
Nichtsdestotrotz funktioniert die Geschichte trotzdem sehr gut - und die Einschübe in die Vergangenheit bringen immer mehr Licht in das Dunkel, wer hier die Fäden zieht und worauf es den Unbekannten ankommt. Und natürlich serviert uns Gruber auch ein Finale, das sich gewaschen hat! Hier blieb mir fast einmal das Herz stehen ...
Mein Fazit
Andreas Gruber beherrscht sein Metier mittlerweile wirklich meisterhaft. Bis auf ein paar Kleinigkeiten fiel es mir nicht schwer, mich in die Geschichte fallen zu lassen und mit Hogart mitzuzittern, ob er Erfolg haben würde oder nicht. Deshalb Vorsicht: Wer einmal angefangen hat zu lesen, wird sich schwer tun, das Buch zur Seite zu legen :).
- ★★★★☆
- Broschiert
- 608 Seiten
- Goldmann
- 978-3442490714