REZENSION • JUGEND, FANTASY
Molly X. Chang - To Gaze Upon Wicked Gods
13. Juli 2024
Geht es euch ab und zu auch so, dass ihr euch zum Lesen eines Buchs verführen lasst, weil darüber in den sozialen Medien so lautstark diskutiert wird? Gut, nicht jedes Buch fällt für mich in diese Kategorie, aber ab und zu kann es schon mal passieren, dass ich dann so neugierig werde, dass ich mir meine eigene Meinung dazu bilden möchte.
So ging es mir auch mit "To Gaze Upon Wicked Gods", dass im englischen Sprachraum im April erschienen ist und im Mai auf Deutsch. Ich habe das Buch allerdings auf Englisch gehört und kann daher hier nur etwas zur Geschichte selbst schreiben, nicht zur Übersetzung. Ich habe allerdings einmal den deutschen Klappentext zum Buch herausgesucht, um die Verwirrung nicht noch zu vergrößern :).
Der Klappentext
Ruying, bekannt als das vom Tod gesegnete Mädchen, will bloß überleben, aber als ihre Magiefähigkeiten von einem feindlichen Prinzen entdeckt werden, muss sie entscheiden, ob die Rettung ihrer Familie es wert ist, ihr Land zu verraten.
Schon solange Yang Ruying lebt, ist das Reich Er-Lang von den Römern besetzt, deren fortschrittliche Wissenschaft und Militär sie zu Göttern machen. Aber diese Götter sind nicht gütig. Ihre einzigen Gaben: Grausamkeit, Opium und Zerstörung.
Als Antonius, der zweite Prinz von Rom, Ruyings Macht aufdeckt, wird sie zu dem, was sie immer befürchtet hat: einer perfekten Attentäterin. Während die Spannungen zunehmen und sich eine Rebellion anbahnt, kann Ruying nicht länger leugnen, dass Frieden für Er-Lang ein Todesurteil bedeutet. Ein Tod, den sie vielleicht nicht bereit ist, zu vollstrecken.
Meine Meinung
"To Gaze Upon Wicked Gods" ist das Debüt von Molly X. Chang, einer jungen amerikanischen Autorin, die chinesische Wurzeln hat. Im Vorwort der Geschichte steht, dass sie versucht hat, mit diesem Buch die Gräuel aufzuarbeiten, die von Japan in der Mandschurai während des Zweiten Weltkriegs verübt worden sind. Ich gebe zu, mir war diese Einheit 731 gänzlich unbekannt, aber unser Geschichtsverständnis ist in diesem Kontext einfach zur sehr von europäischen Ereignissen geprägt ...
Im englischen Sprachraum musste sich das Buch außerdem den Vorwurf einer sogenannten "Coloniser Romance" gefallen lassen, offensichtlich ein Begriff, der dann Verwendung findet, wenn es um eine Beziehung zwischen Unterdrückern und Unterdrückten geht. Bekommt man so etwas in diesem Buch? Tja, ich glaube, es hängt auch damit zusammen, wie man Beziehung hier definiert. Ruying und Antonius sind jedenfalls kein Paar in dem Sinn, wie ich es durch verschiedene Video-Rezensionen verstanden hatte.
Mag sein, dass ich das Buch hier anders wahrgenommen habe als viele andere, aber ich hatte das Gefühl, dass Ruying einfach ihrem Charakter entsprechend gar nicht anders kann, als sich ihre Beziehung zu Antonius schönzureden. Sie startet in die Geschichte als junge, unsichere und gleichzeitig einsame Frau, der ihre Familie über alles geht und der alleine schon der Gedanke an einen Krieg zwischen Pangu und Er-Lang Albträume beschert. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass ihr sehr wohl bewusst ist, dass Antonius sie manipuliert, sie sich aber die Wahrheit einfach nicht eingestehen will, um daran nicht zu zerbrechen ...
Es gibt aber auch Kritikpunkte, die ich verstehe und nachvollziehen kann, denn das Buch kommt wirklich durchgehend immer wieder mit jeder Menge innerer Monologe und viel Exposition an. Ruying denkt bei jeder sich bietenden Gelegenheit an ihre Familie, an die Vergangenheit, an die verhassten Besatzer - dass sich das Buch hier zwangsläufig in Wiederholungen verstrickt, bleibt dabei leider nicht aus.
Einen weitere Schwäche sehe ich im Aufbau der Handlung, denn eigentlich fand ich die erste Hälfte interessanter und stärker als die zweite. Ich fand es in dem Kontext reichlich ungeschickt, einen größeren Zeitsprung einzubauen und damit die Leser:innen auf einmal vor vollendete Tatsachen zu stellen, was Ruyings Veränderung angeht. Denn da wäre sicher noch einiges an Potenzial drin gewesen, die durchaus faszinierende Welt noch zu vertiefen.
Zum Ende will ich jetzt erst einmal nichts verraten, außer dass man mit einem Cliffhanger rechnen muss, der für die weiteren Ereignisse im nächsten Buch als Katalysator dienen dürfte. Nur so viel: Wenn man sich die Mühe macht, die Geschichte der Einheit 731 nachzurecherchieren, bekommt man eine Idee, worum es sich handeln könnte ...
Mein Fazit
"To Gaze Upon Wicked Gods" ist das Debüt von Molly X. Chang, das bereits vor seinem Erscheinen vor allem in der englischsprachigen Buch-Community einen gewissen Wirbel ausgelöst hat. Bei mir hat das Buch einen etwas durchwachsenen Eindruck hinterlassen, Stärken und Schwächen halten sich für mich die Waage. Vermutlich wird Band zwei zeigen, ob ich die Reihe weiterverfolgen werde oder nicht.
- ★★★☆☆
- Hardcover
- 400 Seiten
- Cross Cult
- 978-3986665425