REZENSION • HISTORISCH
Ken Follett - Die Waffen des Lichts
8. Februar 2024
Mit "Die Waffen des Lichts" reist Ken Follett ein weiteres Mal in die Welt des fiktiven Ortes Kingsbridge. Je nachdem, wie man zählt, ist dieses Buch entweder der vierte Band (auf die Chronologie bezogen) oder der fünfte Band (in Hinsicht auf das Erscheinungsdatum) der beliebten Reihe.
Als ich letztes Jahr gesehen habe, dass es dieses Mal um das Zeitalter der beginnenden Industrialisierung und um die napoleonischen Kriege gehen würde, war ich sofort neugierig. Denn eins muss man dem Autor lassen: Er versteht es, für seine Romane spannende historische Epochen auszusuchen und diese durch seine unterschiedlichen Figuren sehr lebendig werden zu lassen. Auch dieses Mal spannt er wieder einen sehr umfangreichen Bogen durch ein Stück englische Geschichte.
Der Klappentext
England 1770. Mit Erfindung der "Spinning Jenny" bricht eine neue Ära der Fertigung und Industrie an. Innerhalb nur einer Generation verändert die Webmaschine das Leben der Menschen grundlegend. Die Welt ist in Unruhe, auch in Kingsbridge. Maschinen machen die traditionelle Handarbeit der Weber überflüssig - und gefährlich. Ein Arbeiter stirbt bei einem durch Fahrlässigkeit verursachten Arbeitsunfall und hinterlässt Witwe und Kinder. Eine junge Frau kämpft um die Finanzierung ihrer Schule für Kinder aus armen Familien. Ein wohlwollender junger Mann erbt unerwartet ein scheiterndes Unternehmen. Ein anderer schützt rücksichtslos seinen Reichtum, koste es, was es wolle.
Zur selben Zeit, in der Englands Herrscher versuchen, das Königreich zur dominierenden Handelsmacht zu formen, wird in Frankreich Kriegsgeschrei laut. Napoleon Bonaparte ist an der Macht und schmiedet einen gewaltigen Plan, um die Herrschaft über die Welt an sich zu reißen. Auf einmal ist Krieg in Europa, und überall auf dem Kontinent stehen jahrhundertealte Institutionen infrage. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Der Wandel bestimmt das Leben der Menschen. Wird es ihnen gelingen, sich in der neuen Welt zurechtzufinden und sich aus der Asche des Krieges zu erheben?
Meine Meinung
Ich glaube, keine Buchreihe hat eine derart treue Fangemeinde wie Kingsbridge. Daher kann man davon ausgehen, dass egal wie gut oder schlecht die Geschichte geschrieben ist, das Buch wird automatisch zu einem Bestseller. Als "Die Waffen des Lichts" letztes Jahr herauskam, fehlte aber schlicht und einfach die Energie, mich auf fast 900 Seiten einzulassen. Und auch als ungekürztes Hörbuch braucht die Geschichte fast 25 Stunden, um erzählt zu werden.
Wie man es vom Autor gewöhnt ist, wird die Geschichte in Abschnitten erzählt über einen Zeitraum von gut 30 Jahren, von 1792 bis 1824. Follett entwirft hier ein umfangreiches Portrait der Zeit, die bereits einige Grundlagen für den Sozialismus des späteren 19. Jahrhunderts schafft. Das ist etwas, was ich persönlich immer an Folletts Büchern geschätzt habe: Man merkt ihnen an, dass sich der Autor Zeit für die Recherche nimmt. Informationen und Fakten werden so auf unterhaltsame Art und Weise vermittelt, ohne dass einem beim Lesen - oder in meinem Fall beim Hören - langweilig wird.
Es gibt dieses Mal aber auch ein Aber, denn der Funke ist bei den Figuren bei mir nicht so richtig übergesprungen. Follett neigt ja normalerweise dazu, seine Figuren gerne etwas zu stark schwarz und weiß zu zeichnen. Den Eindruck habe ich hier zwar nicht gewonnen, jedoch verlieren die Figuren dadurch auch an Ecken und Kanten und werden dadurch relativ austauschbar.
Ihre Gefühle und ihre Leidenschaften habe ich die meiste Zeit nur wie durch eine Wand wahrgenommen, selbst der Antagonist kam mir im Vergleich zu früheren Kingsbridge-Büchern eher "zahm" vor. Am deutlichsten wurde das bei den wenigen intimen Szenen, die auf mich recht mechanisch wirkten (Wobei das meiner Meinung nach sowieso nie die Stärke von Follett war, solche Dinge authentisch zu beschreiben). Wer weiß, wie Follett die Handlungsbögen seiner Figuren anlegt, wird außerdem bestimmt einiges als vorhersehbar empfinden.
Trotzdem konnte mich das Buch gut unterhalten und ich habe mich gerne auf diese Zeitreise begeben, auch wenn ich das Buch nicht als Pageturner bezeichnen würde. Viele Details haben mir außerdem Vergleiche zur Gegenwart beschert, in der uns aktuell ja durch den Einsatz von KI wieder eine Umwälzung des Arbeitslebens ins Haus steht. Geschichte wiederholt sich in gewisser Weise ja doch immer wieder ...
Zum Hörbuch
Das ungekürzte Hörbuch hat eine Länge von knapp 25 Stunden und wird wie bereits die letzten beiden Kingsbridge-Bücher von Tobias Kluckert gelesen. Als bekennender Fan von Joachim Kerzel (der seinerzeit "Die Säulen der Erde" und "Die Tore der Welt" gelesen hat) war das für mich zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, aber Kluckert macht seinen Job gut und seine eher raue Stimme gibt der Lesung eine sehr markante Note.
Mein Fazit
"Die Waffen des Lichts" ist meiner Meinung nach nicht Ken Folletts stärkstes Kingsbridge-Buch, denn die Lebenswege der Figuren sind dieses Mal für mich einfach zu wenig spannend erzählt worden. Ich habe deswegen lange überlegt, ob ich es mit drei oder vier Sternen bewerten möchte. Habe dann aber entschieden, zumindest das Hörbuch mit vier Sternen zu bewerten, denn Kluckert hat mir als Spreher gut gefallen. Der Geschichte selbst würde ich eher 3,5 Sterne geben ...
- ★★★★☆
- Hörbuch (ungekürzt)
- 1497 Minuten
- Lübbe Audio
- B0CGXGYJC3