Der Leseratz

Lesen oder fressen - das ist hier die Frage!

REZENSION • COMIC, HISTORISCH, LIEBE

Claudia Kühn & Tara Spruit - Stolz und Vorurteil

22. Juni 2024

Jane Austen und ich - das ist ein ganz besonderes Kapitel :). Da werden regelmäßig Erinnerungen an meinen Englisch-Unterricht in der Schule wach und die gehören nicht gerade zu den angenehmsten aus der Zeit ... Vielleicht ist das mit ein Grund, warum ich normalerweise eher einen Bogen um alles mache, was mit der Autorin zu tun hat.

Ich glaube, ich habe bisher nicht mal die Verfilmungen gesehen, obwohl ich natürlich schon recht lange weiß, wo ich die Anspielungen auf Mr. Darcy in anderen Büchern hinstecken muss. Da kam mir die Graphic Novel nun gerade recht, um endlich diese Bildungslücke zu stopfen, ohne mich mit dem Schreibstil von vor über 200 Jahren auseinandersetzen zu müssen :D.

Der Klappentext

Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Mädchen ab und zu von der Liebe träumt

Elizabeth Bennet hat vier Schwestern und eine Mutter, deren größte Sorge ist, alle Töchter unter die Haube zu bringen. Als der vermögende Mr Bingley und sein attraktiver Freund Darcy das benachbarte Anwesen Netherfield beziehen, ist Mrs Bennet ganz aus dem Häuschen. Aber schon beim ersten Tanz wird Elizabeth klar, dass sie nie, niemals einem so stolzen und arroganten Mann wie Mr Darcy ihr Herz schenken könnte.
Niemals?
Wirklich, Lizzy???

Meine Meinung

Als jemand, der das Buch nicht kennt, war ich besonders gespannt darauf zu sehen, ob ich der Geschichte würde folgen können. Die gute Nachricht ist: Ich konnte es - und zwar sehr gut sogar! Es gab zwar hin und wieder einzelne Szenen, wo ich das Gefühl hatte, dass es recht abrupt zu einem Szenenwechsel kam, aber das hat mein Verständnis für die Geschichte nicht getrübt.

Man lernt gleich zu Beginn die Bennets kennen, die Familie, wo eigentlich die Mutter die Hosen anhat und die nichts anderes im Sinn hat, als ihre Töchter möglichst vorteilhaft zu verheiraten. Mir ist schon bewusst, dass man keine modernen Maßstäbe an eine solche Situation anlegen darf, trotzdem fand ich gerade die Mutter als Figur extrem anstrengend ...

Von den fünf Geschwistern habe ich eigentlich nur Jane und Elizabeth wirklich wahrgenommen. Die drei anderen Geschwister haben eher eine Nebenrolle, die ich die meiste Zeit nicht gut auseinanderhalten konnte, weil sie für meinen Geschmack viel zu ähnlich gezeichnet wurden. Ein wenig abrupt wurde außerdem in meinen Augen Charlotte, die beste Freundin von Elizabeth, eingeführt. Sie konnte ich tatsächlich erst zuordnen, nachdem ich mir eine kurze Beschreibung des Originalromans mit einem Personenverzeichnis angesehen habe.

Ich nehme an, zur Geschichte selbst muss ich nicht wirklich so viele Worte verlieren, sie dürfte hinlänglich bekannt sein. Was und wie viel gekürzt oder weggelassen wurde, kann ich nicht beurteilen, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass die Geschichte darunter gelitten hat.

Die Zeichnungen selbst sind eher klassisch gehalten, viele helle und warme Farben, viele Erdtöne, die eine warme und freundliche Atmosphäre vermitteln. Die Anordnung der Panels ist fast klassisch quadratisch zu nennen, was es nicht schwer macht, die Geschichte zu verstehen. Das Lettering ist bis auf die kursiv gesetzten Texte ebenfalls gut umgesetzt, aber hat man sich erst mal an die verschiedenen Schriftarten gewöhnt, ist auch das kein Problem.

In Summe macht das für mich eine Graphic Novel aus, die mir gut gefallen hat und die ich mit gutem Gewissen Austen-Newbies empfehlen kann, die vielleicht sonst noch länger einen Bogen um die Werke der Autorin machen würden.

Mein Fazit

"Stolz und Vorteil" konnte bei mir als Graphic Novel durchaus punkten, bis auf einige kleine Abstriche hat mir die Umsetzung sehr gut gefallen. Wenn weitere Jane Austen-Werke als Graphic Novel folgen, bin ich gerne wieder mit von der Partie :).

  • ★★★★☆
  • Hardcover
  • 256 Seiten
  • Loewe
  • 978-3743216136