Der Leseratz

Lesen oder fressen - das ist hier die Frage!

REZENSION • SCIENCE FICTION, FANTASY

Katharina Maier - Adelsspross

17. Juni 2024

Manchmal bin ich richtig froh, dass ich beim Lesen Genre-Mixes gegenüber sehr aufgeschlossen bin. Denn "Adelsspross", der erste Band der insgesamt siebenteiligen Reihe "Die erste Tochter", lässt sich in meinen Augen nämlich nicht so einfach in ein bestimmtes Genre einordnen.

Der Zusatz "Zukunftsepos" verspricht eine Science Fiction-Geschichte, aber ich sehe hier auch sehr viele Gesellschaftsroman- und Fantasy-Elemente. Gleichzeitig erinnert es mich daran, wie flexibel SF sein kann. Sie lässt sich einfach immer wieder großartig mit anderen Genres mischen und gerade das macht dieses Genre so unheimlich vielfältig - wenn man bereit ist, sich als Leser:in auf diese Art von Phantastik einzulassen.

Der Klappentext

Myn wächst auf einem Planeten auf, über dem Raumschiffe fliegen und auf dem Väter das letzte Wort haben. Sie kann immer nur das, was Mädchen nicht können sollen. Trotzdem verlebt die Adelstochter eine unbeschwerte Kindheit mit einer eigenwilligen Mutter, einem schöngeistigen Vater und einem großen Bruder, der sie anspornt, ihren eigenen Verstand zu gebrauchen.

Ihre scheinbar heile Welt erhält Risse, als der aufwieglerische Asnuor zum Obersten Priester ernannt wird. Weshalb fällt das ganze Volk vor einem solchen Ehrgeizling auf die Knie? Warum schmiedet Myns Mutter Pläne hinter verschlossenen Türen? Und was hat das alles mit Myn und ihrem Bruder Vairrynn zu tun?

Meine Meinung

Schon der Klappentext gibt einen ersten Hinweis darauf, was Leser:innen hier erwartet: Weniger Space Opera als Gesellschaftsroman. Vordergründig erleben wir aus dem Blickwinkel der zu Beginn neunjährigen Myn, wie ihr Familienleben langsam, aber sicher durch die politischen Veränderungen immer mehr dem Abgrund gerissen wird. Halt gibt ihr dabei ihr älterer Bruder Vairrynn, der sie dazu ermuntert, sich selbst ein Bild zu machen und zu beobachten. Dieser Bruder bekommt im Verlauf der Geschichte eine eigene Nebenhandlung, wobei aktuell noch nicht erkennbar ist, welchen Zweck diese verfolgt.

Auf jeden Fall gibt sie weitere Einblicke in diese fremdartige Welt, die stark durch Religion geprägt ist. Gerade das Worldbuilding sehe ich in diesem Zusammenhang auf jeden Fall als die größte Stärke des Buchs. Denn es blitzt immer wieder durch, wie sehr die Autorin sich ins Zeug gelegt hat, eine glaubwürdige Alien-Welt und -Kultur zu schaffen. Die terranischen Kultur-Eindringlinge fand ich in diesem Kontext übrigens sehr unterhaltsam :).

Zwischendurch gibt es immer wieder Stilbrüche sowohl in der Erzählzeit als auch in der Person des Erzählers, die darauf schließen lassen, dass Myn einem Terraner ihre Lebensgeschichte berichtet. Diese Sprünge sind zeitweise sehr abrupt mitten in den Text eingeschoben und haben mich vor allem beim ersten Mal doch etwas irritiert. Auch fand ich es merkwürdig, wenn bestimmte Stellen durch "ich" und "mein" unterbrochen werden, obwohl die entsprechende Passage eigentlich in der dritten Person erzählt wird. Dies hat mich beim Lesen doch immer wieder aus dem Takt gebracht.

So spannend ich die schleichenden Veränderungen in Myns Leben fand (Parallelen zu unserer menschlichen Geschichte sind bestimmt gewollt), so schwer habe ich mir zeitweise allerdings mit dem Schreibstil getan. Wobei ich damit jetzt weniger auf die bildungssprachlichen Begriffe anspiele als auf die endlos langen Sätze, die sich an manchen Stellen in das Buch geschlichen haben. Der längste erstreckte sich auf meinem Tablet in meiner bevorzugten Schriftgröße tatsächlich über eine halbe Seite ...

Die Geschichte endet schlussendlich mitten in einer Szene mit einem Cliffhanger. Dies war mir Gott sei Dank schon durch andere Rezensionen bewusst und ich konnte mich entsprechend darauf einstellen. Persönlich bin ich aber kein Fan von solchen Schnitten mitten durch eine Szene, so etwas wirkt auf mich immer irgendwie "unfertig".

Mein Fazit

"Adelsspross" ist für mich ein sehr interessanter Auftakt in eine Geschichte, die sich nicht unbedingt in ein bestimmtes Genre pressen lässt. Wer Genre-Mixes im Phantastik-Bereich mag, sollte hier definitiv genauer hinschauen!

Sterne-Abzug gibt's bei mir allerdings für den Schreibstil, denn mit dem habe ich mich stellenweise etwas schwer getan. Potenzial für eine wirklich tolle Geschichte ist aber definitiv vorhanden, denn von den sieben geplanten Bänden sind bis heute erst drei erschienen.

  • ★★★☆☆
  • E-Book
  • 338 Seiten
  • Neobooks
  • B09BDSGVL1