Der Leseratz

Lesen oder fressen - das ist hier die Frage!

REZENSION • HISTORISCH, KRIMI

Beate Maly - Mord in der Wiener Werkstätte

13. April 2024

Beate Maly ist mir mit ihrer Reihe rund um die pensionierte Lehrerin Ernestine Kirsch und ihrem Freund Anton Böck ja schon länger ein Begriff. Jetzt hat sie beim selben Verlag eine neue Reihe am Start, die etwa 20 Jahre früher - also kurz nach der letzten Jahrhundertwende - ebenfalls in Wien spielt. Schon das Cover hat mich mit seinem Jugenstil-Motiv neugierig gemacht, deswegen dachte ich mir, gebe ich Liliane Feigl und Max von Krause ebenfalls eine Chance.

Die Wiener Werkstätte ist historisch ja verbrieft, deswegen war es für mich eine wundervolle Gelegenheit, wieder einmal in diese ganz besondere Zeit einzutauchen und gleichzeitig ein bisschen mehr über Kunstgeschichte zu lernen. Etwas, was Maly wirklich gut kann, da man auch im Nachwort etwas über den geschichtlichen Hintergrund zu ihren jeweiligen Romanen erfährt.

Der Klappentext

Wien, 1906: Die junge Fälscherin Lili wird bei einem Diebstahl erwischt. Um einer Strafe zu entgehen, verspricht sie Kommissar Max von Krause, sich eine ordentliche Arbeit zu suchen. Durch Zufall ergattert sie eine Aushilfsstelle in der legendären Wiener Werkstätte und ist begeistert vom Ideenreichtum der dort arbeitenden Frauen. Doch die kreative Idylle trügt: Eines Morgens findet Lili eine der Künstlerinnen erschlagen auf. Ihr Sinn für Gerechtigkeit ist geweckt, und während der fesche von Krause gleich mehrere Fälle zu lösen hat, nimmt Lili die Ermittlungen selbst in die Hand.

Meine Meinung

Im Gegensatz zu Ernestine und Anton, die aufgrund ihres Alters immer ein wenig Miss Marple- und Mister Stringer-Charme versprühen, bringt uns Beate Maly hier zwei jüngere Hauptfiguren, die beide nach einem Weg suchen, sich in ihrem Leben zurechtzufinden und zu behaupten. Während Lili mit allen Problemen zu kämpfen hat, die eine junge, mittellose Frau in dieser Zeit hat, gehört Max zum verarmten Adel, der sich aber nicht zu schade ist, einem Beruf nachzugehen.

Beide versuchen außerdem, einen Elternteil über Wasser zu halten, in Lilis Fall ist es ihr Vater, der dem Alkohol und der Spielsucht verfallen ist. Lili ist daher auch darauf angewiesen, es ab und zu mit den Gesetzen nicht ganz so genau zu nehmen, um zu überleben. In diesem Kontext begegnet sie Max das erste Mal, der sie allerdings unter der Bedingung laufen lässt, sich eine ehrliche Arbeit zu suchen.

Der Zufall verhilft ihr zu einer Anstellung als Putzfrau bei der Wiener Werkstätte, wo sie die unterschiedlichen Frauen kennenlernt, die dort als Künstlerinnen arbeiten. Als eine von ihnen überraschend zu Tode kommt, begegnen sich Max und Lili erneut ...

Stück für Stück zeichnet die Autorin vor allem mit der Figur von Lili ein Bild, wie schlecht es vor allem den ärmeren Bevölkerungsteilen von Wien in dieser Zeit ergangen ist. Aber auch Max hat mit einigen Dingen zu kämpfen, da er die Polizeiarbeit gegen den Widerstand seines Chefs modernisieren möchte. Mitten hinein platzt quasi die Mord-Ermittlung, die er zusätzlich zur Suche nach einem gestohlenen Ring aufnehmen muss.

Maly bleibt sich von ihrem Stil her auch bei diesem Buch treu, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es hier noch mehr "cozy" zugeht als bei Ernestine und Anton. Wer hier bei den Ermittlungen miträtseln möchte, wird hier wohl eher enttäuscht werden, denn der Krimi tritt hier zugunsten des Gesellschaftsbildes dieser Zeit relativ lang in den Hintergrund. Dagegen erfährt man so nebenbei einiges über die Wiener Werkstätte, was mich dazu veranlasst hat, selbst ein wenig zu googeln und ein paar Details nachzulesen.

Was mir ebenfalls gut gefallen hat, sind einige österreichische bzw. wienerische Ausdrücke. Das gibt dem Buch in meinen Augen einen ganz eigenen Charme! Vermisst habe ich in dem Kontext eigentlich nur ein kurzes Glossar, wo die Begriffe erklärt werden, denn ich vermute, nicht jede:r wird diese Ausdrücke ohne Erklärung verstehen.

Mein Fazit

"Mord in der Wiener Werkstätte" ist der Auftaktband zu einer neuen historischen Krimi-Reihe von Beate Maly. Wer es gerne cozy und historisch beim Krimi mag, dem kann ich dieses Buch mit gutem Gewissen empfehlen. Ich bin jedenfalls gerne wieder dabei, sollte es nächstes Jahr eine Fortsetzung geben!

  • ★★★★☆
  • E-Book
  • 256 Seiten
  • Emons
  • 978-3740816797