REZENSION • JUGEND, THRILLER
Ursula Poznanski - Scandor
17. August 2024
Wenn auf etwas Verlass ist, dann das, dass im Spätsommer uns auch bei Loewe meistens eine neue Geschichte von Ursula Poznanski ins Haus schneit. So auch dieses Jahr. Und im Gegensatz zu "Oracle", das ja eher ein wenig mystisch und übersinnlich angehaucht war, greift Ursula Poznanski hier wieder auf ihre bewährten Zutaten zurück: High Tech, ein jugendlicher Held bzw. eine jugendliche Heldin und jede Menge Geheimnisse und Rätsel, die es zu lüften gilt.
"Scandor" ist in diesem Zusammenhang eine ganz typische Poznanski, auch wenn die Erzählperspektive eine neue ist. Denn bisher hat die Autorin sich immer eine Heldin oder einen Held ausgedacht und aus deren bzw. dessen Sicht die Geschichte erzählt. Hier wechselt der Blickwinkel immer wieder, was mir sehr gut gefallen hat, auf diese Weise bekommt man deutlich mehr mit, wie die beiden den Fortgang der Handlung erleben.
Der Klappentext
Die Wahrheit kann dich reich machen. Die Lüge lässt deine schlimmsten Albträume wahr werden.
Es ist eine Challenge der besonderen Art, auf die Philipp und Tessa sich einlassen: Hundert Menschen treten an, um einen einzigartigen, unfehlbaren Lügendetektor zu testen: Scandor. Er begleitet die Kandidaten rund um die Uhr, wittert jede Ausflucht, jede Schwindelei. Wer lügt, fliegt aus dem Rennen und muss sich seinen tiefsten Ängsten stellen. Die Person hingegen, die am Ende übrigbleibt, erhält ein Preisgeld von fünf Millionen Euro.
Doch nicht alle spielen fair. Und es gibt jemanden, der sich auf die Suche nach einer ganz besonderen Wahrheit gemacht hat ...
Meine Meinung
In der Buchschreibung (die ich hier nicht zitiert habe) steht die etwas provokative Frage "Wie oft am Tag lügen wir?". Diese Frage ist definitiv das Leitmotiv der ersten Hälfte des Buchs, während "die Suche nach einer ganz besonderen Wahrheit" zu Beginn erst einmal zaghaft durchblinzelt. Wer aber weiß, wie Poznanski beim Schreiben ihrer Jugendbücher tickt, wird hier bald eine Idee bekommen, was das treibende Motiv hinter der ganzen Angelegenheit ist - und warum zu so einer ausgefallenen Methode gegriffen wird.
Nichtsdestotrotz habe ich mich sehr gerne auf die Geschichte eingelassen und habe Philipp und Tessa bei ihren Erlebnissen mit Scandor begleitet, auch wenn ich persönlich genau weiß, dass mich keine zehn Pferde dazu bringen würden, mich auf seine Sache einzulassen. Dass der Wettbewerb mehr einem Spießrutenlauf als sonst etwas ähnelt, wird spätestens mit Beginn der ersten Challenges bewusst, die es noch schwerer machen, bei der Wahrheit zu bleiben.
Die Idee zu dieser Geschichte halt ich ehrlich gestanden aktuell eher für Zukunftsmusik, denn ich denke, den ultimativen und unfehlbaren Lügendetektor kann man wohl nie entwickeln, weil so ein Gerät immer daran scheitern wird, was Menschen für die Wahrheit halten (auch wenn es vielleicht in Wirklichkeit eine Lüge ist). Lässt man diesen Gedanken aber einmal außen vor, hält uns die Geschichte sehr nachhaltig einen Spiegel vor, wie oft wir tagtäglich im Gespräch mit Familie, Freunden oder Kollegen unehrlich sind. Und zwar egal, welche Motive uns dazu antreiben, die Unwahrheit zu sagen.
Wie man es von Poznanski außerdem kennt, baut sie Stück für Stück erste Puzzle-Teile ein, die dazu einladen, eigene Schlüsse zu ziehen, was hinter dem Ganzen stecken könnte. Als Leser:in ist man hier im Vorteil, da man im Gegensatz zu Philipp und Tessa beide begleitet und damit einige Schlussfolgerungen schon früher ziehen kann als die beiden. Dies ist vielleicht auch das Einzige, was ich dem Buch ankreiden könnte: Der ultimative Plottwist, der die ganze Handlung noch einmal auf den Kopf stellt, ist für mich dieses Mal ausgeblieben.
Das Finale kommt am Ende mit sehr, sehr vielen Wahrheiten daher und ich empfehle hier ausdrücklich, es am Stück ohne Pause zu lesen. Einfach aus dem Grund heraus, weil es schwerfällt, das Buch dann noch einmal wegzulegen :D. Es wird zwar nicht alles restlos aufgeklärt, trotzdem hat mir das Ende gefallen und ich konnte das Buch mit einem guten Gefühl im Bauch zur Seite legen.
Mein Fazit
Wer schon den einen oder anderen Jugend-Thriller von Ursula Poznanski gelesen hat, wird einige von ihren bewährten Zutaten wiedererkennen. Trotzdem hat die Autorin eine spannende Geschichte geschaffen, die mich bis zum Ende durchgängig fesseln konnte, auch wenn der ultimative Plottwist für mich ausgeblieben ist.
- ★★★★☆
- Broschiert
- 448 Seiten
- Loewe
- 978-3743216594