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Vom SuB befreit: Wiener Blut
29. März 2024
Dieses Jahr habe ich mir zwei große Ziele beim Lesen gesetzt: Auf der einen Seite bei meinen Reihen aufzuschließen und gleichzeitig den SuB etwas zu verjüngen ... Manches fristet nämlich schon seit dem Studium ungelesen sein Dasein bei mir. In beide Kategorien fällt die Liebermann-Reihe von Frank Tallis, weshalb ich mir zumindest eines der Bücher für dieses Jahr auch auf meine SuB-Senioren-Challenge gesetzt habe.
Gleichzeitig ist die Liebermann-Reihe auch die älteste, die ich mir zum Lesen vorgenommen habe. Der erste Band erschien 2005, der siebte (und letzte) 2018. Wobei ich ehrlich gestanden nicht genau weiß, ob diese Reihe wirklich als abgeschlossen zu betrachten ist, da zwischen dem sechsten und siebten Band immerhin sieben Jahre liegen ... Und sieht man sich die Intervalle bei den ETs an, sind sie von Band zu Band immer weiter auseinandergerutscht.
1. Welches Buch hast du gerade vom SuB befreit?
Ein Serienmörder und die Schattenseite des Wiens der Jahrhundertwende.
1902: In Wien herrscht ein sibirischer Winter. Ein brutaler Serienmörder treibt sein Unwesen: Teuflische Verstümmelungen, eine Neigung zu geheimnisvollen Symbolen und eine scheinbar zufällige Auswahl der Opfer sind seine Markenzeichen. Inspektor Oskar Rheinhardt ist mit seinem Latein am Ende und ruft seinen Freund, den Psychoanalytiker Max Liebermann, zu Hilfe, der sich schon in seinem letzten Fall bewährte …
"Wiener Blut" ist - wie der Untertitel des Buchs schon verrät - der zweite Band aus der Reihe. Er ist gleichzeitig der Namensgeber der TV-Serie "Vienna Blood", die die Abenteuer der beiden unterschiedlichen Ermittler in bewegte Bilder verwandelt hat. Und ich vermute, die Serie hat nicht nur mich auf die Bücher aufmerksam gemacht :D.
2. Warum ist das Buch auf deinen SuB gewandert?
Wie bereits erwähnt, gehört die Reihe leider zu denjenigen, die während meines Studiums bei mir eingezogen ist - und seither wartet sie darauf, von mir erlöst zu werden.
3. Weshalb hast du es jetzt gelesen?
Ich gebe zu, die Challenge alleine hat mich jetzt nicht dazu motiviert, es zu lesen, aber ich habe mir das Buch auch auf meine Karte für das Frühjahrsputzbingo gesetzt, um mich richtig zu motivieren, es mal anzugehen und die Reihe weiterzulesen.
4. Was hat dir an dem Buch gefallen / nicht gefallen?
Im Vergleich zum ersten Band entwirft Tallis in meinen Augen ein deutlich tiefgründigeres Bild der Wiener Gesellschaft der letzten Jahrhundertwende, es werden viele Themen behandelt, die in weiterer Folge in den ersten und schließlich in den zweiten Weltkrieg geführt haben. Die Stadt Wien steht gleichzeitig als Sinnbild für die gesamte Doppel-Monarchie, die durch die Zuwanderung slawischer Bürger, die deutschnationalen Tendenzen und durch die zunehmende Abneigung gegenüber Juden geprägt war.
In diesem politischen Hexenkessel siedelt Tallis seine beiden unterschiedlichen Hauptfiguren an, die vermutlich gerade durch ihre Gegensätze so gut miteinander funktionieren. Rheinhardt als der eher bodenständige, klassische Ermittler, der sich aber nicht schade ist, seinen Freund Liebermann zu Rate zu ziehen, wenn er nicht mehr weiter weiß. Liebermann ist durch seine Arbeit gleichzeitig so etwas wie eine Art Profiler, da er Rheinhardt immer wieder Hinweise geben kann, nach welchem Typ Täter er suchen muss. Gleichzeitig ist Liebermann ein scharfer Beobachter - daher auch die häufigen Vergleiche mit Sherlock Holmes :).
Wie schon der erste Band wird die Geschichte allerdings eher ruhig und gemächlich erzählt, echte Spannung und Action kommen erst gegen Ende auf. Der Krimi ist daher für mich eher als Sinnbild für die Zeit zu sehen, ganz im Gegenteil zur Serie, wo die Ermittlungen einen deutlich größeren Teil des Buchs einnehmen.
Das Buch hat aber den Vorteil, der Entwicklung der Figuren deutlich mehr Raum zu geben. So nimmt das Privatleben von Liebermann auch hier einen gewissen Teil der Geschichte ein, was ich aber nicht als Nachteil empfinde, eher im Gegenteil, denn es zeigt, dass auch Liebermann nicht frei von Fehlern und - im Gegensatz zu Holmes - kein intellektueller "Übermensch" ist.
5. Wie hast du das Buch bewertet?
"Wiener Blut" lässt sich meiner Meinung nach auch ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes lesen, man kann direkt einsteigen, ohne etwas zu vermissen. Wer einen, eher ruhiger erzählten Krimi im Wien der letzten Jahrhunderwende sucht, wird mit dem Buch bestimmt seine Freude haben - nicht zuletzt dank der beiden Hauptfiguren. Ich habe daher gerne vier Sterne vergeben.